Eskimo Schneebrille aus Walknochen

Licht- und Sonnenschutzbrillen

Eine kleine Abhandlung über deren Entwicklung


Erste Bestrebungen

Seit langer Zeit ist bekannt, dass das grelle Sonnenlicht für das Auge unangenehm ist und sogar schaden kann. Der natürliche Schutz des Menschen – die Verengung der Pupille mittels der Iris – und das Blinzeln war besonders bei Naturvölkern nicht immer ausreichend.

Besonders jene Kulturen, die im Eis und Schnee leben, sind durch die durch Reflexion hervorgerufene intensive Lichteinwirkung gefährdet. Sie halfen sich schon früh durch „Schneebrillen“ aus Knochen oder anderen Materialien, die das Licht nur durch einen engen Schlitz hindurch ließ.

Links im Bild eine frühe Eskimo Schneebrille aus Walknochen.

Sehr früh erkannte man, daß farbiges Glas vor grellem Sonnenlicht schützen kann. Gajus Plinius berichtete, daß Kaiser Nero (37-68) die Kämpfe der Gladiatoren durch einen Smaragd betrachtete. Dies bestärkt die Ansicht, daß Nero sich zum Schutz gegen das starke Sonnenlicht des Smaragdes bediente. Hierfür spricht auch noch die Tatsache, daß die Arena nur mangelhaft bedeckt war.

Der Araber Ibn al-Haitham (965-1039, im Mittelalter auch Alhazen genannt) berichtete: „Wenn das Auge in extrem grelles Licht schaut, so leidet es unter diesem und wird verletzt, denn wenn ein Beobachter in die Sonne schaut, so kann er sie nicht gut erblicken, da dem Auge wegen des Sonnenlichtes Qualen wiederfahren.“

Frühe Lichtschutzbrillen

Bereits gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurden Brillen zum Schutz gegen die blendenden Sonnenstrahlen mit farbigen Brillengläsern versehen. Der Dresdner Brillenforscher Albert von Pflugk kam zu Auffassung, daß zumeist grüne Gläser seltener auch blaue Gläser zur Anwendung kamen. Die Sonnenschutzbrille erfreute sich seit dem 18. Jahrhundert immer stärkerer Beliebtheit. Zahlreiche Originalbrillen der verschiedensten Ausführungen mit grünen, blauen, gelben und roten Gläsern sind uns erhalten geblieben. Vor allem in China scheint die Lichtschutzbrille in dieser Periode an Geltung zu gewinnen.

Chinesische Sonnenbrille

Foto: Wayenborgh

Klemmersonnenbrille

Foto: Wayenborgh

Man findet sie dort als Fadenbrille und Schläfenbrille. In Europa wurden sogar Eingläser, Scherenbrillen, Zwicker und Monokel mit Sonnenschutzgläsern bestückt.

Brillenmaterialien wie Stoff und Leder schirmten das Licht zusätzlich von der Seite ab. 1797 erfand der Engländer Richardson eine Doppelbrille, bei der sich seitlich ein grünes Glas vor die eigentlichen Brillengläser vorklappen ließ. Diese Brillenart erfreute sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts größerer Beliebtheit.

Sonnenschutzbrillen blieben bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts immer noch Einzelanfertigungen. Man hatte die schädliche Wirkung der UV-Strahlung noch nicht erkannt.

Doppelbrille
Foto: Wayenborgh

Sonnenbrillengeschichte
Foto: Zeiss

Erste Verbesserungen im 19. Jahrhundert

Man erkannte, daß sich bei Gläsern mit starker Wirkung keine Färbung der Glasmasse empfiehlt, da die Dickenunterschiede zu verschieden starker Tönung führt. Deshalb begann man eine dünne gefärbte Glasschicht an die Brillengläser anzukitten.

Der Augenoptiker Simon Plössl (1794-1868) nennt im Jahr 1829 Gläser mit gleicher Färbung über die ganze Glasfläche isochromatisch.

Die Macht der Farben

Georg Bartisch beschrieb in seinem Buch „Ophthalmodouleia“ (Dresden 1583) grüne Gegenstände, die zur Kräftigung der Augen anzuschauen seien. In Christoph Scheiners „Das Auge oder die Grundlagen der Optik“ (Innsbruck 1619) findet man eine Erklärung zur Farbempfindung der Netzhaut bei Vorhalten farbiger Gläser. Ludwig Böhm (1811-1869) empfahl für kranke Auge blaue Gläser. Er erklärte, daß durch Kobaltoxid azurblau gefärbte Gläser am geeignetsten seien um die Lichtintensität zu schwächen. Böhm ließ um 1840 in Rathenow plankonvexe und plankonkave Brillengläser in sechs blauen Farbnuancen herstellen.

Heinrich Magus entschied sich 1875 für sogenannte „Rauchgläser“ (Beimengung von Braunstein und Nickel). Der französiche Arzt Marie Theodore Fieuzal (1836-1888) führte aus, daß die unsichtbaren kurzwelligen Ultraviolettstrahlen den Augen schaden und gerade die blauen Gläser diese Strahlung (da damals noch kein UV-Blocker zur Verfügung stand) hindurchlassen. Er empfahl auf Grund seiner Erkenntnisse gelbe Filtergläser (Beimengung von Eisen oder Kupferoxid).

Der Königsberger Optiker Christian Parschin ließ sich bereits in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts ein englisches Patent auf Schutzgläser aus Bernstein geben. Nachdem der schwedische Augenarzt Johann Widmark durch Tierversuche Entzündungen des äußeren Augenabschnittes nach Einwirkung von UV-Strahlen nachwies, wurden auch weitere Forscher zu Versuchen angeregt. Erste Schutzgläser wurden unter den Namen „Fieuzal“, „Hallauer“, „Euphos“, „Enixantos“, usw. vermarktet.

Alfred Vogt (1879-1943) weist auf die Gefahren durch das ultraviolette Licht hin

Der Schweizer Ophthalmologe Alfred Vogt veröffentlichte 1907/08 eine Studie über Beobachtungen an Patienten. Er bemerkte, daß kurzwelliges, ultraviolettes Licht schädlicher als langwelliges, ultraviolettes Licht ist und Entzündungen an der Bindehaut und Hornhaut verursacht. 1926 faßte er seine Erkenntnisse zusammen und sagte unter anderem, daß „mit kurzwelligem, infraroten Licht nicht nur hochgradige Schädigungen der Augenlinse, sondern auch schwere Dauerschäden der Aderhaut und der Netzhaut – bei Intaktbleiben der Hornhaut – erzeugt werden können, daß auch diese Strahlen bei der sogenannten Sonnenblendung zweifellos eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen“.

Ohrensonnenbrille
Foto: Wayenborgh

Der Jenaer Physiker Hans Hartinger (1868-1951) unterteilt in 5 physiologische Gruppen

  • Das langwellige Infrarot über 1300nm schädigt nur die äußeren Teile des Auges
  • Das kurzwellige Infrarot zwischen 1300nm und 760nm schädigt bei übermäßiger Intensität die Iris, die Augenlinse, die Netzhaut und die Aderhaut.
  • Das sichtbare Licht zwischen 760nm und 400nm kann bei starker Intensität Blendung und Rotsehen verursachen.
  • Das langwellige UV-Licht zwischen 400nm und 314nm weist noch keine dauernden Schädigungen vor.
  • Das kurzwellige UV-Licht unter 314nm kann dagegen Bindehaut- und Hornhautentzündungen verursachen.

Polarisation wird für den Sonnenschutz genutzt

Die Polarisationsgläser kamen erst kurz vor dem zweiten Weltkrieg in Anwendung, obwohl bereits 1808 Stefan Ludwig Malus (1775-1812) das polarisierte Licht entdeckt hatte. Nach zahlreichen Experimenten verschiedener Forscher gelang es im Jahre 1937 dem deutschen Erfinder Erwin Käsemann einen Polfilter herzustellen. Er lagerte lichtabsorbierende Farbstoffe in molekular geordneten Kolloidfolien ein. Nach einer parallelen Ausrichtung der Moleküle mittels einer Streckung wurde die nun polarisierende Folie zwischen zwei Deckgläsern verkittet. Mitte 1950 schrieb Herbert Schober in seinem Standardwerk: „Die Polarisationsbrillen bewähren sich überall dort sehr gut, wo ein starker Blendungsanteil durch reflektiertes oder linear polarisiertes Licht vorhanden ist, wie auf Schneeflächen oder Gletschern oder bei der Bildbetrachtung in einer Gemäldesammlung. Auf See und im Straßenverkehr haben sie geringere Erfolge, da wegen der Wellenbildung in der Wasserfläche oder der Unruhe des Fahrzeuges die Lage der Polarisationsebene nicht konstant bleibt.“ In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts brachte die Polaroid Corporation ihren Sonnenbrillenfilter auf den Markt. 1977 gelang Ito Optical in Tokyo nach längerer Forschungsarbeit polarisierende Gläser aus CR39 herzustellen.

Entwicklung der Sonnenbrillen um den zweiten Weltkrieg

Weitere wissenschaftliche Arbeiten belegten nachhaltig, daß das Sonnenlicht neben den sichtbaren auch unsichtbare Lichtstrahlen, nämlich Ultraviolettstrahlen und Infrarotstrahlen enthält. Während die Blendung durch das sichtbare Licht sofort bemerkt wird, ist die schädigende Wirkung des ultravioletten Lichtes oft erst (zu) spät zu bemerken. Die optische Industrie, die Augenoptiker und die Medizin wiesen nun immer nachhaltiger darauf hin, daß eine gute Sonnenbrille nicht nur das sichtbare Licht, sondern auch die unsichtbare Strahlung dämpfen muß. Dies und die Mode bereitete den Aufstieg der Sonnenschutzgläser zum allgemein verwendeten Schutz.

Die Industrie erkennt den großen Markt

Die Firma Schott erzeugt Anfang des 20. Jahrhunderts ein Schutzglas unter dem Namen Umbral. Es wird in 25%, 50%, 65% und 80% angeboten. Bausch & Lomb stellte bereits 1930 das erste Sonnenschutzglas in Serie her. 1934 bringen sie die erste „Fliegerbrille“ mit diesem Glas auf den Markt. 1936 wird diese Blendschutzbrille einem breitem Publikum vorgestellt. März 1937 wird von Bausch & Lomb der Name Ray Ban geboren. Gleich nach Kriegsende wirbt Zeiss mit ihrer neuen „Umbral-Brille“. Andere Firmen folgen und nehmen Anteil am rasant wachsenden Sonnenbrillenmarkt. In dem allgemeinen Sonnenschutzbrillen-Boom der Nachkriegszeit zeichnen sich schnell zwei grundsätzliche Richtungen ab: die billige Sonnenschutzbrille ohne optischen Qualitätsanspruch (vorwiegend von branchenfremden Geschäftsformen vertrieben) sowie die die wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigende Qualitäts-Sonnenschutzbrille (durch Augenoptiker und Optometristen  angepaßt und verkauft).

Weiterentwicklungen

Bedampfte Lichtschutzgläser sorgen im weiteren für eine gleichmäßige Tönung über die ganze Glasfläche. Mitte 1960 werden die ersten phototropen Gläser von der amerikanischen Firma Corning Glass Works in New York entwickelt und hergestellt. Silberhalogenoide vermindern bei UV-Strahlung die Lichtdurchlässigkeit. 1986 schuf Rodenstock das erste verfärbende Kunststoffglas. Heute haben hochwertige Brillengläser sogar in gänzlich weißer Ausführung einen UV-Schutz integriert.